Warum Europa noch jede Menge Nachholbedarf hat

In meinen Weihnachtsferien habe ich den europäischen Winter eingetauscht und mich in den Sonnenstaat Kalifornien begeben. Nicht umsonst wird die Westküste der USA so genannt, denn auch im Winter gibt es hier gute Laune und Sonne satt, sowie gemütliche 15-20 Grad. Kein Wunder, dass die Menschen so entspannt sind und immer ein Lächeln auf den Lippen haben. Mir ging es in diesen zwei Wochen nicht anders, auch dank der umfangreichen veganen Küche.

Es war nicht mein erster Besuch in LA und sicherlich auch nicht mein letzter, denn vor allem aus kulinarischer Sicht ist Kalifornien auf jeden Fall eine Reise wert. Vegan? Damit haben die Amis schon längst keine Berührungsängste mehr. Im Gegenteil – Die persönliche Verantwortung und der Umgang mit der Natur ist im Staat, der die Auswirkungen des Klimawandels längst zu spüren bekommen hat, ein großes Thema.

Essen „to go“ – von wegen Europa als Vorbild

Italien hat als erstes Land in der EU strenge Regeln für die Verwendung von Einwegplastik eingeführt. Diese Maßnahmen sollen dabei helfen, den Plastikverbrauch und somit den Müll stark einzudämmen. Die meisten (ich natürlich auch) haben diese neuen Regeln gefeiert, denn endlich kommt auch von der Seite der Politik etwas Bewegung in den Schutz unseres Planeten. Was aber bei uns so groß gefeiert wird, ist in Kalifornien schon längst Normalität.

In viele Gemeinden, vor allem an den Küstengebieten und in den großen Städten gibt es schon lange kein Einwegplastik mehr, wenn man Essen zum Mitnehmen bestellt. Alles wird in recyclebaren Behältern mit umweltfreundlichem Besteck und in Papiertüten verpackt. Aufgrund des Materials sind die Behälter etwas größer und nehmen mehr Platz ein, aber ist das wirklich ein Problem? Nicht für mich. Egal, in welchen Restaurants oder Märkten ich war, überall gibt es nur recyclebare Materialien. Meiner Meinung nach MUSS auch in Europa dieses Prinzip eingeführt werden, denn Alternativen gibt es auf jeden Fall, wie man sieht.

Nachhaltig einkaufen, Müll vermeiden

In Downtown LA habe ich ein Geschäft der Kette „Whole Foods“ besucht. Diese ist die weltweit größte Kette von Biosupermärkten. Ich liebe es, mir ausländische Supermärkte anzuschauen und so war dieser riesige Whole Foods – store ein Paradies für mich. Der Trend zu Bio und lokaler Produktion ist auch in den USA sehr beliebt und die Qualität der Produkte ist sehr hoch. Mein Herz ging aber in der Abteilung der Trockenprodukte richtig auf. Meterweit sind hier die Regale der verpackungsfreien Produkte aufgestellt: Hülsenfrüchte und Reis aller Art, sowie Nüsse und Nussmischungen bis hin zu Süßigkeiten wie Schokolade und Gummibärchen. Ja, es geht auch ohne Verpackung!! Und die Nachfrage ist allemal da, denn die Kunden bedienen sich an diesen Behältern und füllen sie mit ihren eigenen mitgebrachten Tüten auf. Natürlich gibt es auch Tüten für jene, die keine eigenen Behälter haben, aber diese sind aus abbaubaren Materialien.

Vegan ist normal und nicht exotisch

Wenn man in Los Angeles in ein Restaurant geht, dann ist man auch als Vegetarier oder Veganer herzlich willkommen. Kein Augenverdrehen, keine Kommentare: die Kellner sind zuvorkommend und auch bei der Nachfrage nach Anpassungen der Bestellung hört man überall nur: „Of course!“ Das Angebot an veganen Gerichten ist groß und jedes Restaurant hat aus Prinzip mehrere vegane Speisen im Menü. Das sagt mir vor allem immer wieder eins: die Nachfrage nach tierfreien Produkten ist da, vor allem in Hollywood. Ein Grund dafür sind sicherlich auch die vielen Stars und Schauspieler, die sich offen zu ihrem veganen Lebensstil bekennen (Ellen Degeneres, Miley Cirus, Anthony Kiedis, Jared Leto, Leonoardo DiCaprio, Gwyneth Paltrow, nur um einige aufzuzählen). Das Umdenken ist bereits so weit, dass man in vielen Stadtteilen lange suchen muss, bis man einen McDonald’s oder andere Fast Food – Restaurants sieht.

Neben dem großen Angebot an frischen internationalen Gerichten gibt es auch mittlerweile auch alles mit Fleischersatzprodukten. Gegner der veganen Küche schütteln hier immer wieder den Kopf, aber ehrlich gesagt, esse ich sehr gerne Fleischersatzprodukte, wenn sie gut gemacht sind. Und davon gibt es einige.

Unmögliche Burger und die besten Tacos der Welt

Schon bei meiner letzten LA-Reise im vergangenen Jahr bin ich auf den „Impossible Burger“ gestoßen. Und der Name verspricht nicht zu viel, denn es scheint wirklich fast unmöglich zu sein, dass es sich hierbei nicht um Fleisch handelt. Der Patty besteht aus verschiedenen Pflanzenproteinen und natürlichen Zutaten und kommt sowohl in der Textur, als auch im Geschmack, Farbe und Geschmackserlebnis dem Original nach. Würde man einem Fleischesser den Burger geben, er würde keinen Unterschied schmecken. Übrigens: Natürlich ist der Käse im Burger auch vegan.

Der Fleischlose Burger ist mittlerweile in USA weit verbreitet und hat es sogar nach Hong Kong und Singapur geschafft. Demnächst wird es ihn auch in Europa geben. Preislich besteht kein Unterschied zu den herkömmlichen Burgern. Natürlich ist Impossible teurer als McDonalds, aber ganz ehrlich: müssen wir so ein Produkt an McDonald’s messen?

Neben dem aktuellen Verkaufsschlager hat sich das Unternehmen mittlerweile auch auf weitere Produkte spezialisiert, sodass man in Zukunft noch viele weitere Fleischersatzprodukte erwarten kann.

Ein weiteres Highlight habe ich auf einem Markt in Hollywood erlebt. Jeden Samstag gibt es in verschiedenen Stadtteilen von LA große Bauernmärkte, in denen man an den zahlreichen Ständen neben Obst und Gemüse auch warme Speisen bekommt. Hier habe ich die bisher besten Tacos überhaupt gegessen. Auch die enthielten Fleischersatzprodukte und zwar in den verschiedenen Geschmacks- und Texturrichtungen: Carna Asada, Pollo Asado, Al Pastor oder Barbacoa. Mit frisch gemachten Tortillas werden die Tacos mit verschiedenen Saucen und Pico de gallo verfeinert.

Wer einen Taco von „Cena vegan“ will, der braucht etwas Geduld, denn die Schlangen vor dem Verkaufsstand sind lang, während auf der anderen Seite der Verkaufsstand mit herkömmlichem Fleisch leer steht.
Das Geschmackserlebnis und die Erfahrung der veganen Tacos war so überzeugend, dass ich mir zwei Packungen der Seitan-Mischungen gekauft habe und in den nächsten Wochen mit Genuss essen werde. Für den Hersteller spricht diese Entscheidung für sich: zufriedene Kunden kaufen mehr Produkte und steigern somit die Nachfrage, die in einem größeren Angebot endet.

Zu jedem Essen gehört für mich auch ein Dessert und dieses habe ich glücklicherweise in Venice Beach gefunden.
Bei über 20 Grad und Sonnenschein gibt es nicht besseres als mit einem leckeren Eis über die Promenade zu schlendern. Veganes Eis ist auch hier kein Problem, denn bei Ben & Jerry’s gibt es ein ausgezeichnetes Eis aus Mandel- und Kokosmilch, verfeinert mit Schokolade und Mandelstücken. Der Tag war gerettet!

Natürlich habe ich auf meiner Reise noch viele weitere vegane Restaurants der verschiedenen Küchen besucht: Japanisch, Thai, Mediterran, International und weitere. Immer wieder habe ich mich gefragt: warum ist es bei uns in Südtirol so schwer, diesen Lebensstil durchzusetzen? Wir geben immer vor, umweltfreundlich und „sauber“ zu sein, aber die Wirklichkeit sieht leider ganz anders aus und wer kein Fleisch isst, der ist nicht normal. Ich hoffe sehr, dass auch Südtirol, bzw. Italien und Europa den Turnaround zu einer tier- und umweltfreundlichen Küche schaffen. Es gibt Alternativen, man muss sie nur wollen!